Faserpflanze Brennnessel

Nesselstoffrucksack, hand genäht

Nesselstoffrucksack, handgenäht

 

Als ich 2010 begann im Internet zum Thema Brennnesseln zu recherchieren, stieß ich überall auf Landwirte mit Brennnesselfeldern. Auch in der Nähe von Schaumburg. Doch jedes Mal, wenn ich anrief, hieß es: Das ist inzwischen totgespritzt und untergepflügt.

Wie mir berichtet wurde, gab es einige Jahre zuvor ein viel gelobtes Projekt (Der Initiator wurde zum Biomanager des Jahres gewählt): Die Fasernessel sollte wieder in Deutschland angebaut, verarbeitet und gehandelt werden! Was für ein schönes Projekt!

Die Landwirte erzählten mir von hohen Investitionen, die nötig waren, denn abgesehen davon, dass es sich um völliges Wissensneuland handelte, musste jedes Brennnesselfeld per Hand mit den gekauften Jungpflanzen der speziellen, besonders hochwerdenden Sorte von Urtica dioica bepflanzt werden. Im ersten Anbaujahr durfte noch nicht geerntet werden, das Feld musste erst einwachsen.

Ich hab noch etwas zur Brennnesselfaser geforscht: Die Faser der Brennnessel ist unter anderem die einzige pflanzliche Faser, die wärmt, wenn man sie anraut! Es gibt im Internet die unterschiedlichsten Sorten von Nesselstoff im Angebot. So schwören z. B. Theaterleute auf Nesselschleier (besonders haltbar!) und es gibt sowohl groben Nesselstoff (siehe Foto: eine Freundin hat mir daraus einen Rucksack genäht) als auch weichen baumwollartigen Stoff, sogenanntes Nesselcotton!

Wer in Deutschland als Landwirt auf Nesselfelder setzte, wurde nach Auskunft meiner Gesprächspartner, nachdem der Geschäftsführer des Projektes mit dem Geld abhandengekommen war und das Projekt starb, allein gelassen. Manche standen vor der Insolvenz!

WARUM?

 

Brennnessellobbystatement:

Schlimm genug, dass das Projekt nicht durch Unterstützungsaufrufe oder Hilfsmaßnahmen aufgefangen wurde, die Felder hätte man in jedem Fall retten sollen. Man hätte sie regelmäßig als Frischgemüse abernten können, falls es mit weiblichen Brennnesseln bepflanzt gewesen wäre, die Brennnesselsamen nutzen können oder Brennnesselpulver daraus herstellen können!

 

Die Brennnessel in der Werbung

Nettle your life!

Nettle your life!

 

 

Die Werbung begleitet uns heute auf Schritt und Tritt. Allein das Werbebudget der Süßwarenindustrie betrug im Jahr 2010 rund 790 Millionen Euro bei einem Umsatz von 12 Milliarden Euro. Jedes Kind weiß, wie viel gutes in den Leckereien steckt und auch die Produkte locken überall in Griffweite und stets bereit zum Reinbeißen!

Unternehmen kämpfen um Marktanteile und so mancher Betrieb muss Insolvenz beantragen. Lebensmittel werden immer billiger, aber an einem wird nicht gespart an Verpackung und an Werbeträgern. Der neueste Schrei: haptische Verpackungen. Hauptsache wir kaufen!

Die Spezies Mensch war in der Vergangenheit so erfolgreich, weil Wissen und Ressourcen geteilt wurden. Und weil gemeinsam an neuen Herausforderungen gearbeitet wurde. Wir leben im Informationszeitalter, aber statt die Angebote zu bündeln, wird alles immer unübersichtlicher. Es gibt eine unüberschaubare Menge Erdbeermarmeladensorten, Erdbeermarmeladenhersteller und Erdbeermarmeladenpreise. Mal abgesehen davon, dass wir eigentlich lieber frisches Obst essen sollten, würde es nicht reichen sich auf eine herstellerübergreifende Grundsorte zu einigen, in einer verbraucherfreundlichen, zeitgemäß nachhaltigen Verpackung und das zu einem fairen Preis?

Statt der Süßigkeiten sollten wir alle mehr Grünzeug essen! Ursprünglich hatte dies einen großen Anteil an unserer Ernährung. Aber im Gegensatz zu Obst und den meisten modernen Gemüsen treffen essbare Wildpflanzen wie die Brennnessel, pur gegessen, inzwischen nicht mehr den Geschmack der Konsumenten und benötigen eine kulinarische Anpassung. Die Brennnessel kann frisch oder als Pulver in viele Lebensmittel integriert werden. Doch dazu bedarf es der großflächigen Aufklärung, Forschung, Verfügbarkeit und der richtigen Produkte und am Ende der Werbung! Nur ein Zusammenschluss der großen und kleinen Hersteller kann so etwas in Bewegung bringen. Nur eine Lobby für die Brennnessel 😉

 

Brennnessellobbystatement:

 

Die überfällige Gesellschaftswende braucht dringend Alternativen zur gegenwärtigen Konsumorientierung. Beispielsweise den Abschied von der Werbung!

Werbung klaut uns Lebenszeit, Speicherplatz im Gehirn und verführt zu unnötigem Konsum!

Statt Werbung sollte es heute Plattformen und Vergleichsportale für Produkte und Dienstleistungen geben!