Essbares Land

 

 

Raumschiff Erde, Logbucheintrag vom 9.5.2016

 

Wir befinden uns auf dem Raumschiff Erde mit der Mission „Essbares Land“.

Hier spricht Birgit B. Brinkmann.

 

Es ist Mai. Wonnemonat. In meinem Garten explodiert die Natur.

Obwohl ich nicht gesät und gepflanzt habe, gibt es mehr zu ernten, als ich verarbeiten kann.

Giersch, Brennnessel, Löwenzahn, Gundelrebe, Zitronenmelisse, Pfefferminze, Waldweidenröschen, Brombeerblätter, Klettenlabkraut, Purpurnessel, wilde Kresse und vieles mehr. Das Superfood aus der Natur kommt ganz von selbst und hat alles, was der menschliche Körper zum Leben braucht.

Allein die Brennnessel enthält alle notwendigen Ernährungsgrundbausteine wie beispielsweise Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett.

Auf den Feldern finden wir Monokulturen. Ok. Das muss wohl so sein.

Auf dem Foto, das ganz beliebig irgendwo in Deutschland aufgenommen sein könnte, gestern von mir dokumentiert, sieht man ein frisch bearbeitetes Feld – und einen braunen Ackerrand.

 

Nanu?

Laut Wikipedia ist der Ackerrand : „ … ein Randbereich an Äckern, der ohne den Einsatz von Herbiziden und Pflanzenschutzmitteln bewirtschaftet wird, damit sich dort Ackerwildkräuter und die an sie angepasste Tierwelt ausbreiten und überleben können. …“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Ackerrandstreifen ).

Seit 25 Jahren gehe ich in der Kulturlandschaft um Deckbergen zwischen den Feldern spazieren und entdecke weder typische Wildpflanzen, noch typische Tierwelt.

Na gut, Deckbergen ist eben besonders ordentlich, der Mensch steht im Vordergrund.

Also finden wir für den Menschen essbares am Ackerrand?

Nö!

So lange ich denken kann, wächst am Deckberger Ackerrand Gras. Denn Getreidefelder werden gegen zweikeimblättrige Pflanzen gespritzt. An den Rapsfeldern wächst dazwischen manchmal Ackerstiefmütterchen und Hirtentäschelkraut, die typischen Begleitkräuter von Raps. Die werden aber spätestens im Mai abgesenst. Der Grasschnitt bleibt drauf liegen. Ich habe massenweise Fotos mit gammelndem Gras auf Ackerrandstreifen.

Im Wonnemonat Mai!

Doch dieses Jahr wird das anders. In Deckbergen!

Die Menschen in Deckbergen mögen es ordentlich. Also kein Wildkraut am Ackerrand. OK.

Dann vielleicht Kulturgemüse am Ackerrand. Kulturpflanzen in der Kulturlandschaft. Werden die Deckberger Bauern auch das Kulturgemüse am Ackerrand vernichten?

Wir werden es sehen.

 

Am Freitag, den 13.Mai 2016, wird ein kleines Testbeet angelegt.

Treffpunkt ist an der Feldwegverlängerung der Straße „Lehmkuhle“ in Deckbergen.  Am Sitzplatz um 17 Uhr.

Wer mithelfen möchte ist herzlich dazu eingeladen.

Willkommen sind außerdem:

Jungpflanzen und Saatgut von Gemüse und einjährigen Blütenpflanzen, mit essbaren Blüten.

Gefüllte Gießkannen und entsprechendes Gartengerät.

Und natürlich etwas für das kleine Picknick hinterher!

Das schöne Wetter ist bestellt …

Superfood Brennnessel

Nettle your life in Wolken gedreht.jpg

Nettle your life !!!

 

Schon seit Jahrtausenden gibt es Trendlebensmittel. Wir alle werden kulturell auf bestimmte Nahrungsmittel  normiert. Gründe für den Vorzug bestimmter Nahrungsmittel können Verfügbarkeit, Ethik, Religion, Gesundheitsversprechen, Preis, politische bzw. wirtschaftliche Interessen, Exotik und viele andere sein. Weltweit gibt es bisher nur wenige einheitliche Trends.

An erster Stelle aller Ernährungswünsche stand und steht der Traum vom Tischlein–deck-dich,  heute realisiert von der Lebensmittelindustrie, die sich zur Zeit immer mehr ausdifferenziert  (konventionell, vegetarisch, vegan, funcional food, low carb,  …) und mit hochwertigen Convenience Produkten lockt. Je größer das Angebot, desto spektakulärer muss die Einzigartigkeit des Produktes sein.

Vorreiter dieser  Trends sind deshalb „Experten“, die durch eigene empirische oder statistische Studien hoch motiviert sind. Dieses Expertentum vermittelt, durch euphorische Darstellungsweise, die Gültigkeit der Erkenntnisse. Vorgetragen durch charismatische Multiplikatoren, sind wir glücklich endlich die „Wahrheit“ über die „richtige Ernährung“ zu erfahren.

Wer sich die Hypes der letzten Jahrzehnte mal näher anschaut, muss leider feststellen, dass jede noch so einleuchtende Neuerung im Nachhinein doch so seine Tücken hatte.

Die Brennnessel hat alle Eigenschaften eines zukünftigen Superfoods. Sie ist für jedermann verfügbar, sie ist konkurrenzlos auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit, sie zu sammeln entspricht dem Erfordernis sich mehr in der Natur zu bewegen, als gutes Nahrungsmittel hat sie sich lange in vielen Kulturen bewährt und es gibt kaum ein Rezept dem man nicht auch ein paar Brennnesselblätter, -blüten, -früchte oder -samen hinzufügen könnte, was sie auch für die Nahrungsmittelhersteller interessant macht.

Doch auch wenn es in Nepal und in Deutschland Überlieferungen von Menschen gibt, die sich jahrelang erfolgreich ausschließlich von Brennnesseln ernährt haben: Die grüne Alleskönnerin ist eine Pflanze, die sich gerne an andere schmiegt und das nicht nur im Magen!

Es lebe die Vielfalt  😉